Anna Echterhölter:
Epistemische Werte und Stereotypen in Nachrufen auf Naturwissenschaftler 1770-1870
(Promotion):
Der deutschsprachige Gelehrtennekrolog ist ein vergessenes Denkmal. Wer immer verstorbene Wissenschaftler(-kollegen) durch einen Nachruf auf das Podest hob, war zumindest vordergründig auf das Lob exemplarischen Verhaltens festgelegt. Die Quellen eignen sich daher nicht für eine gerechte Einschätzung der Laureaten, erinnern aber vorzüglich an die Wertmaßstäbe der Laudatoren und bieten damit eine Innenansicht des zeittypischen Wissenschaftlerideals.
Eine gattungsgeschichtliche und epistemologische Analyse dieser Texte soll in dem beantragten Projekt mit Schwerpunkt auf der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgeführt werden, da sich die Naturwissenschaften hier institutionalisieren und professionalisieren und sich Deutschland zur führenden Wissenschaftsnation aufschwingt. Eine Typologie des idealen Naturwissenschaftlers ist für diese Zeit besonders interessant, da die sich stark entwickelnde Berufsgruppe einer Öffentlichkeit gegenübertrat, die für diese Disziplinen erst noch zu gewinnen war. Wie Steven Shapin bemerkt: "In a pre-institutionalised setting ... value and legitimacy had to be argued for and won."